Politik verhindert optimale Behandlung von Zootieren

Tiere 18. Juni 2021

Politik verhindert optimale Behandlung von Zootieren

Das neue Tierarzneimittelgesetz könnte die tierärztliche Versorgung in deutschen Zoos um Jahrzehnte zurück katapultieren

Voraussichtlich in der kommenden Woche wird ein neuer Entwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums in zweiter und dritter Lesung im Bundestag behandelt. Inhalt unter anderem: das Verbot, Medikamente aus sogenannten Drittländern (also von außerhalb der EU) einzuführen, sowie die Einordnung von Zootieren als potenzielle Lebensmittel – auch wenn diese hochbedroht sind und niemals dem menschlichen Verzehr zugeführt werden.

Welche gravierenden Folgen auf die veterinärmedizinische Versorgung von Zootieren zu erwarten sind, fasst Dr. Sven Hammer, Präsident des Verbands der Zootierärzte und Tierparkdirektor des Naturschutz-Tierpark Görlitz-Zgorzelec zusammen. „Das Verbot, fachlich einwandfreie und alternativlose Medikamente zu nutzen, nur basierend auf ihrer Herkunft oder der praktisch hinfälligen Einordnung eines Zootieres als potenzielles Nahrungsmittel ist ein ganz bewusst in Kauf genommener Rückschritt für den Tierschutz“, so das drastische Resümee. Probleme sind auch unter Arbeitsschutzaspekten zu erwarten: „Beispielsweise zucken bei einem üblichen für Nutzrinder zugelassenen Narkosemittel viele Wildrinder nicht mal mit der Wimper. Wie spaßig es ist, so ein nicht sicher in Narkose liegendes Tier zu behandeln, darf sich jeder selbst ausmalen.“

Darum fordern der Verband der Zootierärzte und der Verband der zoologischen Gärten schon seit langem eine Ausnahmeregelung für zoologische Einrichtungen. Möglichkeiten wie die Anerkennung eines Therapienotstandes, welche den Import wirksamer Mittel aus Drittländern in Ausnahmefällen ermöglichen würde, oder eine Kennzeichnung der Zootiere als „nicht zur Lebensmittelgewinnung dienend“ gäbe es viele. Mit dem Equidenpass oder einer Haltererklärung haben zumindest Pferde- und Kleintierhalter bereits ein solches wirksames Instrument.

Eine entsprechende Lösung für Zootiere gibt es im aktuellen Entwurf dennoch nicht, trotz intensiver Beratung durch entsprechende Fachkreise. „Das heißt also, entweder handelt der Tierarzt nach bestem Wissen und Gewissen und steht mit mindestens einem Bein im Gefängnis oder er riskiert ganz bewusst das Wohlbefinden und Leben seiner Patienten und Mitarbeiter“, sagt Sven Hammer. „Und ich dachte, der Tierschutz wäre seit fast 20 Jahren im Grundgesetz als Staatsziel in Deutschland festgeschrieben.“

 

Wie spaßig es wohl ist, wenn ein ausgewachsener Yakbulle nicht sicher in Narkose liegt? Zootierarzt und Direktor Dr. Sven Hammer möchte es lieber nicht wissen.
Foto: www.zoo-goerlitz.de

 

Ansprechpartner:
Dr. Sven Hammer
Direktor und Zootierarzt
0170 925 11 18, s.hammer@tierpark-goerlitz.de