Die Bedrohung fängt vor der Haustür an

Artenschutz 16. September 2020

Die Bedrohung fängt vor der Haustür an

Zoos starten Zuchtprojekt zugunsten bedrohter Nutztierrassen

Artenschutz der anderen Art: Die Mitglieder des Verbandes der Zoologischen Gärten, zu dem auch der Naturschutz Tierpark Görlitz- Zgorzelec seit vielen Jahren zählt, bündeln künftig ihre Kräfte, um einheimische Rinder, Ziegen und Schweine vor dem Aussterben zu bewahren.

„Viele Menschen denken beim Artenschutz zuerst an Wildtiere, dabei sind auch 64 Prozent aller einheimischen Haustierrassen gefährdet“, sagt Dr. Sven Hammer, Direktor des Görlitzer Tierparks. „Und wenn wir Zoos mit unserem wertvollen Tierbestand und unserer Expertise nicht dazu prädestiniert sind, das Verschwinden dieser biologischen Vielfalt aufzuhalten, wer dann?“

Warum ist die Bewahrung des Schwarzbunten Niederungsrinds, der Thüringer Waldziege oder des Sattelschweins überhaupt wichtig? „Alte Nutztierrassen sind genügsam, wetterhart und haben eine bessere Immunabwehr als klassische Hochleistungsrassen. Deswegen sind sie in der Lage, bei der extensiven Weidehaltung, also einer nachhaltigen und schonenden Form der Bewirtschaftung, eine Schlüsselposition einzunehmen“, so Hammer.

„Fast alle Experten sind sich einig, dass eine Transformation der derzeitigen Produktionsverfahren in der Landwirtschaft notwendig ist. Nur wie diese verlaufen soll und in welcher Geschwindigkeit sie vollzogen werden muss, wird kontrovers diskutiert. Die Nutzung alter Rassen auf Teilflächen kann dabei durch extensive Bewirtschaftung zum Erhalt der Biodiversität und Ökosystemleistung beitragen.“ sagt Prof. Dr. Dr Kai Frölich, Direktor von Europas größtem Zentrum für alte Haus- und Nutztierrassen, dem Tierpark Arche Warder und ergänzt: „Unsere alten Rassen sind an bestimmte Standorte angepasst und somit auch kulturhistorisches Erbe ihrer jeweiligen Region. Diese robusten Tiere durchgängig auf extensiv genutzten Weiden zu halten ist sinnvoll, da sie auch mit energiearmen Futter zurechtkommen und somit zur nachhaltigen Pflege von Kulturlandschaften beitragen. Letztlich sind die alten Rassen auch eine Antwort auf künftige Herausforderungen: Durch ihre größere genetische Variabilität können sie besser auf Veränderungen in puncto Klima oder Produktion reagieren.“

Der Görlitzer Tierpark engagiert sich seit vielen Jahren aktiv bei der Erhaltungszucht bedrohter Haustierrassen. Ganz aktuell tobt der Nachwuchs zweier gefährdeter Nutztierrassen durch die Anlagen des Lausitzer Bauernhofes: die 10 Sattelschweinferkel der Sau Molly und das zwei Wochen alte Rotvieh Kalb Ida.

Rotvieh-Kuh Gretel mit neugeborenem Kalb Ida
Foto: F. Thiel

Ansprechpartner:
Catrin Hammer
Kuratorin
0172-2377706 
c.hammer@tierpark-goerlitz.de